Fantastische Geisterbahn
Stell dir vor, du stehst am Morgen auf dem Bahnsteig deines U-Bahnhofes und wartest mit einem Kaffee in der Hand bis die Bahn eintrifft. Du hörst die Geräusche des herannahenden Zuges wie er von rechts heran braust. Du schaust von deinem Smartphone auf – aber da ist kein Zug! Du denkst, dass du dich getäuscht hast und schaust dich um ob noch jemand anders ausser dir diese Geräusche hören kann. Du siehst, wie Menschen zeitungslesend oder smartphone-glotzend auf die Bahnsteigkante zugehen, so als ob sie gleich einsteigen wollen. Aber da ist immer noch kein Zug! Jetzt hörst du das Signal, welches ertönt bevor die Türen sich wieder schliessen. Da muss doch ein Zug zu sehen sein? Plötzlich heulen die Elektromotoren auf und du hörst wie sich der Zug direkt vor dir in Fahrtrichtung wieder entfernt. Du schaust dem Geräusch hinterher, hast aber die ganze keinen Zug gesehen. Die Leute schauen sich verwundert und verunsichert um, haben wir gerade alle einen Geisterzug gehört? Plötzlich ertönt die Musik vom bekannten Film „Ghostbusters“ und auf der Anzeigetafel für die nächsten Züge erscheint das Logo der Ghostbusters.
Ungefähr so haben es viele Pendler beim morgendlichen Warten in der U-Bahn in der Spanischen Hauptstadt Madrid an der Station Alonso Martinez im Juli 2016 erlebt. Es handelt sich dabei um eine Werbung für den neuen Ghostbusters-Film. Dabei wurden zuvor viele versteckte Mikrofone angebracht, die den U-Bahn-Benützern vorgaukelten, dass tatsächlich ein Zug einfahren, anhalten und wieder weiterfahren würde.
Die Idee ist wunderschön umgesetzt. Die Metrogesellschaft „Metro Madrid“ ist bekannt, in eigener Sache seit Jahren wunderbare und preisgekrönte Werbevideos zu produzieren. Mann muss wissen, dass die Spanier vor der Krise das am schnellsten wachsende U-Bahn-Netz der Welt besassen und gleichzeitig auch eines der grössten. Durch geschickte Planung und Finanzierung erreichten die Baukosten die unglaublich niedrige Marke von nur 31 Millionen pro Kilometer. Entsprechend schnell wurde das Netz ausgebaut und jedem Einwohner im Wahlkampf versprochen, künftig maximal 500 Meter von der nächsten Station „der besten Metro der Welt“ entfernt zu wohnen.
Unter der Stadt:
Das gleichnamige Madrid auf den Phillipinen möchte auch eine Metro bauen:
Nachts im Museum:
Wenns eilt:
Im Fall Ghostbusters handelt es sich aber um eine extern gebuchte Aktion, genauso wie nun nach der Krise zum Beispiel die gesamte Linie 2 für jährlich eine Millionen Euro und einem Zeitrahmen von drei Jahren dem Telekomunikationsunternehmen Vodafone zu Werbezwecken zur Verfügung gestellt wurde. Dabei wurde die wichtigste Station der Hauptstadt „Sol“ in „Vodafone Sol“ umbenannt, was viele Spanier gegen das Unternehmen aufbrachte, ist doch die darüberliegende „Puerta del Sol“ einer der historisch wichtigsten Plätze im ganzen Land. Eigentlich war diese Kampagne als Gegensteuer in der Wirtschaftskrise gedacht, denn wegen ihr musste Vodafone in kurzer Zeit einen Einnahmeverlust von über 10% verkraften. Erstaunlicherweise gab es aber kaum Kritik in den Medien, was wohl daher rühren dürfte, dass Vodafone zu der Zeit bei den Meisten von ihnen ein gewichtiger Werbekunde war. Ob das geschickt mit Absicht so geplant war, ist nicht bekannt.
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